Der Gallup StrengthFinder im Selbstversuch der Online-Redakteurin Julia.
Kommen Sie Ihren besonderen Talenten auf die Spur mit dieser kostenlosen Checkliste zum Erkennen Ihrer besonderen Fähigkeiten, Stärken und Qualifikationen.

Angenommen Fußballstar Ronaldo hätte seine Freizeit als Kind nicht mit Kicken verbracht, sondern damit Klarinette zu üben oder Mozart hätte statt Klavierzeichnen und malen gelernt – beide hätten es wohl nie so weit gebracht, egal wie sehr sie sich angestrengt hätten, und wahrscheinlich auch nicht halb so viel Spaß dabei gehabt.
Erfüllende Arbeit – Glückliches Leben: Was die Talentsuche bringt
Wenn Sie nicht besonders gerne in die Arbeit gehen und Erfolge Ihnen nicht so recht auf die Füße fallen, sondern oft hart erarbeiten werden wollen, dann könnte das daran liegen, dass Sie dort
möglicherweise nicht genau das tun dürfen, was Ihren Talenten entspricht. Wer die Möglichkeit hat, einer Arbeit nachzugehen, in der man die eigenen Stärken einsetzen kann, erbringt nicht nur
entschieden bessere Leistungen, sondern ist offenbar auch erfüllter von seinen oder ihren Tätigkeiten und insgesamt zufriedener mit dem eigenen
Leben.
Ein zufriedeneres Leben? Was muss ich dafür tun? Der erste Schritt liegt auf der Hand: Ich muss herausfinden, was meine persönliche Superkraft ist. Denn nur wer seine persönlichen Stärken
gut kennt, kann auch seine berufliche Tätigkeit danach ausrichten. Wie finde ich also heraus, was ich besonders gut kann? Aber was, wenn ich keine besonderen Talente habe?
Die eigenen Stärken entdecken und entwickeln
Forscher des weltgrößten Meinungsforschungsinstituts (The Gallup Organization) beschäftigen sich seit über 40 Jahren mit genau diesen Fragen und haben weltweit Befragungen, Tests und auch
persönliche Interviews durchgeführt und ausgewertet. Schließlich haben sie 34 Hauptstärken ausfindig gemacht, die Tom Rath in dem kleinen Buch „Entwickle deine Stärken“ (Redline Verlag)
ausführlich beschreibt. Dort werden auch konkrete Handlungsvorschläge gegeben, wie man seine Talente fördern und in eine positive Richtung lenken kann. Beispielsweise wird
Menschen mit ausgeprägter Autorität empfohlen, ihr Talent im Verkauf oder in einer Führungsposition einzusetzen und darauf zu achten, andere gezielt nach ihrer Meinung zu fragen, weil die eigene
Offenheit oft einschüchternd wirken kann.
Ich blättere durch die Seiten und überfliege alle Talente. Es ist interessant und fast schon ein bisschen gruselig: In einigen Beschreibungen erkenne ich mich sofort wieder – sie
passen fast wie die Faust auf’s Auge, andere erinnern mich direkt an enge Freunde oder auch an meine Eltern. Was ich bisher oft als Eigenart gesehen hatte, wird hier als Stärke formuliert und
begründet und gibt mir so einen ganz neuen Blick auf die Menschen um mich herum und ihre Marotten.
Das besondere an dem Buch ist jedoch eigentlich, dass darin ein Schlüssel für einen Online-Stärken-Test, den StrengthFinder, enthalten ist, der anhand der Forschungsergebnisse
entwickelt wurde und meine 5 größten Talente feststellen soll.
Jetzt bin ich aber gespannt – lag ich bei meiner Selbsteinschätzung richtig? Also ab ins Internet, den Zugangscode auf der Website des Gallup StrengthFinder eingegeben und den Test gestartet.
Der Test: Ein Selbstversuch mit langem Atem

Es geht direkt mit der ersten Frage los: Links und rechts steht jeweils eine Aussage – ich muss auswählen, welcher der beiden ich zustimme oder ob ich ihnen neutral gegenüber eingestellt bin
(Mitte). Nur 20 Sekunden bekomme ich für jede Entscheidung – schließlich soll ich ganz au dem Bauch heraus wählen, was mir gar nicht so leicht fällt. Anfangs macht es noch Spaß, dann wird
es immer kniffliger: Was, wenn ich im Grunde beiden Aussagen zustimme? Neutral? Was, wenn ichbeiden Aussagen überhaupt nicht zustimme? Auch neutral? Ohje! Ich fühle mich leicht gehetzt,
weil keine Zeit bleibt, wirklich in mich hineinzuhorchen, der fehlende Kontext und der Mangel an Abstufungen und Alternativen tun ihr übriges, um mich langsam aber sicher ein wenig zu
frustrieren.
Nach über hundert Fragen geht mir auch langsam die Puste aus und meine Konzentration auch schonnach. Wie bei psychologischen Tests üblich, scheinen sich die Fragen auch endlos zu wiederholen und
irgendwann weiß ich nicht mehr, welcher Meinung ich eigentlich bin. Ich vermute an dieser Stelle bereits, dass Entscheidungsfreude, Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz nicht
gerade zu meinen größten Talenten gehören…
Meine Stärken: Ergebnis mit gemischten Gefühlen
Dann endlich – geschafft! Und da ist auch schon die Auswertung: Meine TOP-5-Talentthemen, verkündet mir die Website, sind Integrationsbestreben, Wissbegier, Verbundenheit, Positive
Einstellung und Einfühlungsvermögen. Und zwar in dieser Reihenfolge.
Ich bin gleichzeitig überrascht und auch nicht. In allen fünf Beschreibungen hatte ich mich wiedererkannt, so falsch kann der Test bzw. kann ich also nicht liegen, aber zu meinen ausgeprägtesten
Stärken hätte ich einige davon jetzt auch nicht unbedingt gezählt. Interessant ist für mich vor allem, dass sich ganze vier meiner Talente offenbar dem Bereich ‚Beziehungsaufbau‘
(Relationship Building) zuordnen lassen. Aus den Kategorien‚Durchführung‘ und ‚Einflussnahme‘ scheint es keine Stärke in meine Top-5 geschafft zu haben – immerhin gehört die Wissbegier
zum Gebiet ‚Strategisches Denken‘, was mich dann doch ein wenig beruhigt.
Neben der Beschreibung jeder dieser fünf Talente (identisch zum Buch), erfahre ich nun noch wie diese sich gegenseitig beeinflussen. Wie wirkt sich also meine positive Einstellung auf das
Integrationsbestreben aus und so weiter. Die Top-5 Stärken jeder Person ergeben in ihrer Kombination, laut Tom Rath, nämlich ein ganz spezielles Talentprofil, das zwar nicht
einzigartig ist, in genau dieser Art und Reihenfolge jedoch statistisch nur einmal unter 33 Millionen Menschen vorkommt. Interessant wäre für mich an dieser Stelle natürlich
auch, wie hoch meine Werte beiwelcher Stärke liegen, und auch wie ich bei den übrigen 29 Talenten abgeschnitten habe. Was sind denn nun eigentlich meine Schwächen? Um das zu erfahren, müsste ich
mir allerdings noch einen weiteren Zugangscode kaufen, aber darum geht es bei der stärkenorientierten Psychologie ja auch gar nicht. Auf meine Stärken soll ich mich konzentrieren und sie
gezielt fördern und einsetzen– irgendwie gefällt mir die Idee.
Fazit: Potenzial für neue Perspektiven
Auch wenn mir mein Testergebnis zwar wenig wirklich Neues eröffnen konnte, hat mir der Strengthfinder persönlich vor allem eine neue Perspektive beschert. Auf mich selbst, auf die Menschen mit denen ich lebe und arbeite, auf unser aller Denken, Handeln und Fühlen. Die vielleicht „typisch amerikanisch“ positive, stärkenorientierte Sicht ist nicht nur ein netter Boost für das Selbstwertgefühl, sondern hilft mir auch dabei, zum Beispiel die Kollegen im Team mit ihren ganz besonderen Talenten anzunehmen. Man muss und kann schließlich nicht alles können. Und mein Talentprofil gibt mir auch konkrete Hinweise welche Rollen und Berufsbilder nicht zu mir passen und wo ich dann besser mit anderen Menschen zusammen arbeite.
Ich empfehle den Test (oder besser gesagt das Buch), deshalb allen, die sich gerne mal wieder etwas intensiver mit sich selbst auseinandersetzen möchten, besonders wenn sie in
einer Phase der beruflichen Neuorientierung sind.
Er gibt Anhaltspunkte und weist Möglichkeiten der Weiterentwicklung auf – ob er seine 16,99€ wert ist oder ob das ein kostenloser Stärkentest nicht genau so gut hinbekommt lasse ich einfach mal so stehen. Hauptsache wir tun das, was uns Freude bereitet, dann können sich unsere Superkräfte frei entfalten und wenn schon nicht einen zweiten Ronaldo oder Mozart, dann doch wenigstens talentierte Experten oder Führungskräfte aus uns machen.